Nachdem wir uns im letzten Bulletin mit den Pfarr-Registern, bzw. deren
Kopien im Staatsarchiv befasst haben, wenden wir uns heute einer weiteren
unentbehrlichen Quelle für die genealogische Forschung zu: den staatlichen
Zivilstandsregistern.
Die staatliche Registerführung über Geburt, Ehe und Tod ist eine Errungenschaft
der französischen Revolution. 1792 wurde in Frankreich das weltliche Zivilstandswesen
eingeführt. Doch anderswo begnügte man sich noch lange mit den Pfarr-Registern.
Bei uns im Wallis griff der Staat erst mit dem kantonalen Gesetz vom 25.
Mai 1852 über die Haltung der Register des Zivilstandes ordnend ein. Die
damals mehrheitlich radikale Regierung führte einheitliche Formulare mit
vorgedruckten Rubriken und die gesetzliche Meldepflicht ein, übertrug
aber die Arbeit weiterhin dem Klerus.
Art. 1 des Gesetzes besagt: "Die ehrwürdigen Pfarrverweser sind mit
der Haltung der zur Einschreibung der Geburts-, Ehe- und Sterbefälle bestimmten
Register betraut."
Diese zivilen Register wurden von 1853 bis 1875 geführt, sind aber nur
teilweise erhalten geblieben. 42 solcher Registerbände befinden sich im
Staatsarchiv. Glücklicherweise setzten die Pfarrer parallel die Eintragungen
in den alten Pfarr- Registern fort.
Erst nach der Revision der Bundesverfassung im Jahre 1874 konnte das eidgenössische
Parlament ein Gesetz über die Ehe und das Zivilstandswesen verabschieden
und eine gesamtschweizerische Regelung durchsetzen. Mit der Einführung
der zivilen Ehe enthob das Gesetz den katholischen und protestantischen
Klerus von der Registerführung. Das Wallis richtete 1876 53 weltliche
Zivilstandskreise ein. Fortan waren die staatlich ernannten Zivilstandsbeamten
für die verantwortungsbewusste Führung der Geburts-, Ehe- und Sterberegister
verantwortlich. 1929 kamen die Familienregister hinzu. Heute gibt es im
Kanton 76 Zivilstandskreise. Diese Amtskreise unterstehen selbstverständlich
der staatlichen Kontrolle. Kontrollorgan ist heute die kantonale Dienststelle
für Zivilstandswesen; deren Büros befinden sich in Sitten an der Bahnhofstrasse
39. Leiterin der Dienststelle ist zur Zeit Frau Françoise Gianadda.
Die Zivilstandsregister sind natürlich nicht jedermann frei zugänglich.
Deren Benutzung untersteht einerseits den strengen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes,
anderseits den noch strengeren Bestimmungen der eidgenössischen Zivilstandsverordnung
vom 1. Juni 1953.
Was jeder Genealoge wissen muss, wenn er nicht arge Enttäuschungen erleben
will, ist in den Artikeln 29, 30 und 138 der eidgenössischen Verordnung
enthalten.
Art. 29
1 Für Privatpersonen besteht kein Anspruch auf Einsicht in die
Zivilstandsregister.
2 Den Aufsichtsbehörden und Gerichten steht das Recht zu, in die Register
Einsicht zu nehmen. Die kantonale Aufsichtsbehörde kann andern Behörden
und in Ausnahmefällen Privatpersonen diese Befugnis einräumen, wenn sie
das Verlangen nach Einsichtnahme als begründet erachtet.
3 Über die in den Registern eingetragenen Tatsachen wird in Form des
Auszuges, über das Nichtvorhandensein einer Eintragung in Form einer Bescheinigung
Auskunft erteilt (Art. 138 Abs. 2).
4 Vorbehalten bleiben Bestätigungen. Ausweise und Mitteilungen
in anderer Form, die gemäss besonderen Vorschriften dem Zivilstandsbeamten
obliegen.
5 Das kantonale Recht kann die Veröffentlichung der Geburten (mit Ausnahme
der Adoptionen), der Todesfälle, der Verkündungen und der Trauungen zulassen.
Ist dies der Fall, so dürfen einzelne Zivilstandsfälle von der Veröffentlichung
nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde ausgenommen werden; die Aufsichtsbehörde
kann einzelnen Zivilstandsbeamten allgemein die Befugnis erteilen. solche
Ausnahmen zu machen.
Gemäss telefonischer Auskunft kommt eine Ausnahmebewilligung, wie sie
in Absatz 2 enthalten ist, nur für wissenschaftliche Zwecke in Frage,
keinesfalls aber für einfache genealogische Nachforschungen. Im Einzelfall
dürfte es allerdings nicht immer leicht sein, zwischen wissenschaftlichem
Interesse und genealogischer Neugier zu unterscheiden.
Art. 30
1 Es besteht kein Anspruch auf Herausgabe der Zivilstandsregister.
2 Die kantonale Aufsichtsbehörde kann ausnahmsweise die Herausgabe
an Behörden bewilligen, wenn zwingende Gründe dies rechtfertigen.
Art. 138
1 Der Zivilstandsbeamte erstellt auf Verlangen Auszüge aus dem
Familienregister (Familienscheine und Personenstandsausweise für Schweizer
Bürger) und aus den Einzelregistern (Geburts-. Todes-. Ehe- und Anerkennungsscheine).
Abgekürzte Auszüge über Geburt. Tod und Ehe können aufgrund des betreffenden
Einzelregisters oder des Familienregisters erstellt werden.
1bis Auszüge aus regional oder zentral geführten Familienregistern
werden ausschliesslich vom Familienregisterführer erstellt.
2 Jedermann ist berechtigt, über die ihn selbst betreffenden Registereintragungen
Auszüge zu verlangen. Im übrigen werden Auszüge nur ausgestellt an Verwandte
in gerader Linie, an den Vormund, an Personen, die ein unmittelbares,
schutzwürdiges Interesse dartun, ferner an Bevollmächtigte dieser Personen
sowie an die in Artikel 29 Absatz 2 erwähnten Behörden.
3 Von gelöschten und überdeckten Eintragungen sowie von gelöschten
Teilen einer Eintragung dürfen Auszüge oder Abschriften nur mit Bewilligung
der kantonalen Aufsichtsbehörde abgegeben werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass jedermann berechtigt ist, über
die ihr selbst und seine Verwandten in gerader Linie betreffenden Eintragungen
in der Geburts-, Ehe-, Sterbe- und Familienregistern Auszüge zu verlangen
- mehr nicht. Für andere Auszüge braucht es jedesmal die entsprechende
schriftliche Vollmacht. Der Zivilstandsbeamte erhebt natürlich für jeden
Auszug die entsprechende Gebühr. Soweit die ganze Strenge der Verordnungen!
Glücklicherweise lehrt die Erfahrung, dass der gesunde Menschenverstand
immer wieder kleine Triumphe feiert...